Berlin: Die Räumung der Yorck 59 war illegal |
2009-01-03
Dreieinhalb Jahre nachdem das Hausprojekt Yorck59 am 6.6.2005 mit einem Großeinsatz durch die Polizei geräumt wurde
http://de.indymedia.org/2005/05/117830.shtml
es damals zu vielen Solidaritätsbekundungen kam, sowie zu einer Besetzung des Südflügels im Bethanien, befand jetzt das Berliner Kammergericht am 15.12.2008 die Strafbefehle gegen aus dem Haus geräumte AktivistInnen für ungültig. Zudem stellte das Gericht fest, dass die Räumung als Ganzes rechtswidrig war, da zu diesem Zeitpunkt keine Räumungstitel gegen die BewohnerInnen des Hauses vorlagen. Ein kurzer Überblick über die derzeitige Situation.
Vorwurf des gemeinschaftlichen Hausfriedensbuches unzulässig
Bei einem in dritter Instanz verhandeltem Prozess ging es um den Vorwurf durch ein Aufhalten in den Räumen der Yorck59 am 6.6.2005 gemeinschaftlichen Hausfriedensbruch begangen zu haben. Dies wurde 144 weiteren Personen vorgeworfen. Einen entsprechenden Strafantrag hatte der Hauseigentümer Marc Walter auf Anraten der Polizei bereits am 30.5.2005 gegen Unbekannt gestellt. Der aktuelle Beschluss des Gerichts bestätigte jedoch das vorangegangene Urteil des Oberlandesgerichts vom 16.4.2008. Demzufolge war der Hauseigentümer zum Zeitpunkt der Räumung gar nicht dazu berechtigt einen Strafantrag zu stellen. Gemäß Mietrecht liegt das Hausrecht bis zur Räumung durch den Gerichtsvollzieher bei den MieterInnen. Ohne dieses Hausrecht, kann es also folglich auch keinen Hausfriedensbruch geben. Im diesem Fall handelte es sich bei den MieterInnen um ca. 50 UntermieterInnen des Hausvereins Färbung e.V., auf den die Hauptmietverträge ausgestellt waren.
Titel für die Räumung war nicht vorhanden
Das Gericht bestätigte weiterhin, dass der Gerichtsvollzieher Thomas Luedtke mit der Amtshilfe von 500 Polizeikräften das Hausprojekt ohne die notwendigen Titel gegen besagten UntermieterInnen räumen ließ. Mit dieser Entscheidung ignorierte Luedtke mehrere Untermietverträge, die ihm von der rechtlichen Vertretung des Hausprojekts vorgelegt worden waren. Außerdem handelte er in logischem und rechtlichem Widerspruch zu einer Auskunftsklage, durch welche der Hauptmieter Färbung e.V. zur Herausgabe der Namen aller seiner UntermieterInnen gezwungen wurde, um die notwendigen Räumungstitel gegen die tatsächlichen HausbewohnerInnen ausstellen zu können. Bis zum 6.6.2005 lagen diese Namen weder der Hauseigentümerin Yorck59 Gbr noch dem Gerichtsvollzieher vor. Das verbissene Vorgehen der Staatsanwaltschaft zeige die politische Brisanz der heutigen Entscheidung, so die Pressegruppe der ehemaligen Yorkstraße. Trotz dünner rechtlicher Grundlage war das vergleichsweise kleine Verfahren gegen die angeklagte Aktivistin, es handelte sich um ein Strafmaß von 10 bis 30 Tagessätzen, bis in die dritte Instanz getrieben worden. Insofern stellt das Urteil des Kammergerichts vom 15.12 für die Staatsanwaltschaft eine Blamage dar, teilte die Pressegruppe der ehemaligen Yorck 59 mit. Aus diesem Urteil resultierten 145 ungültige Strafanträge, wobei jeder dieser Strafanträge für ein Einzelverfahren steht. Für alle noch offenen Verfahren ist nun eine Einstellung auf Kosten der Staatskasse zu erwarten. Von Seiten der Yorck59-UnterstützerInnen werde zudem geprüft, inwiefern aufgrund des Urteils eine Wiederaufnahme all jener bereits abgeschlossenen Verfahren möglich ist.
Motivierung für neue Kämpfe
Die Räumung der Yorck59 ist zwar nachträglich als gesetzeswidrig anzusehen, die Feststellung verändert an den vollendeten Tatsachen jedoch nichts, denn das Haus gebe es nicht zurück. Was bleibe sei jedoch ein politischer Skandal, zumindest innerhalb der Logik des Rechtsstaats, so die Pressesprecher der ehemaligen Yorck 59 weiterhin. Den rechtlichen Grundlagen zuwider habe der Gerichtsvollzieher zugunsten der Interessen des Hauseigentümers gehandelt. Die Polizei leistete bei dieser unrechtmäßigen Räumung nicht nur Amtshilfe, sondern empfahl dem Hauseigentümer Walter sogar, seinen unzulässigen Strafantrag zu stellen. Wie in den Aussagen der Polizeibeamten vor Gericht deutlich wurde, waren sie vom gleichen Hausbesetzerdiskurs benebelt, wie er von der Boulevard-Zeitung BZ zur Yorck59-Räumung geführt wurde. An dem, was geschehen ist, rüttelt das aktuelle Urteil nicht, jedoch stärkt es den Rücken und motiviert für alle weiteren Kämpfe.
Das Projekt New Yorck erhalten
Aus dem politischen Druck, den der Yorck59-Hauskampf aufgebaut hatte, war nur kurz nach der Räumung das NewYorck im Bethanien entstanden. Ganz aktuell steht dort ein nächster Hauskampf bevor, sollten die Verhandlungen mit dem Bezirk um bezahlbare Mietverträge scheitern. Bethanien hatte die Verwaltung bereits vor Jahren loswerden wollen. Das frühere Krankenhaus, in dem seit Jahrzehnten Künstler residieren, sollte privat weitergeführt werden. Nach der Besetzung der New Yorck war kurz von einer Räumung des Gebäudes die Rede. Die damals PDS-geführte Bezirksregierung wartete mit der Lösung des Konflikts bis zur Wahl 2006. Der neue grüne Bürgermeister Grünen Schulz hat nun das Problem. Zudem gab es einen Volksentscheid, der Bürgermeister wurde verpflichtet, mit den Besetzern zu verhandeln. Der neuer Vorschlag sieht eine Selbstverwaltung vor und eine Miete von rund 6200 Euro, so ein Sprecher der Initiative Zukunft Bethanien. Fast 10.000 Euro monatlich wollte die GSE (Gesellschaft für Stadtentwicklung), was angeblich unter der ortsüblichen Gewerbemiete liegen würde. Bürgermeister Schulz möchte zunächst mit den Verhandlungen abwarten, sagte er der örtlichen Presse. Die verbindliche Gemeinsamkeit und das Hauptinteresse der im Projekt New Yorck im Bethanien zusammenlebenden und arbeitenden Menschen sei es, einen öffentlichen Raum zu schaffen, zu erhalten und qualitativ weiter zu entwickeln, der allen interessierten Menschen in dieser Stadt als Ort der sozialen, politischen und künstlerisch-kulturellen Begegnung und Kreativität diene, teilte die Pressegruppe des New Yorck in einer Pressemitteilung mit.
Eine kleine Nachlese gibt es auf:
http://www.yorck59.net/alt/index.html
Neuigkeiten zu bedrohten Projekten auf: http://wba.blogsport.de/
Das New Yorck im Bethanien findet ihr im:
Bethanien-Hauptgebäude, Südflügel
Mariannenplatz 2
10997 Berlin-Kreuzberg
Tel: 0173 – 7795 090 (Projektezusammenhang New Yorck im Bethanien)
E-Mail: yorck59bleibt at gmx.net
Internet: http://www.newyorck.net/
Antirepressionsgruppe