Das seit mehr als neun Jahren besetzte Institut für vergleichende Irrelevanz (IVI) in Frankfurt ist seit Freitag morgen akut räumungsbedroht. Mit dem Urteil des Frankfurter Landgerichts vom 15.02. wurde die rechtliche Grundlage für eine Räumung geschaffen. Reaktionen der betroffenen und solidarischen Strukturen ließen nicht lange auf sich warten. Noch am selben Abend zogen 400 wütende Menschen durch Frankfurt und demonstrierten für mehr selbstverwaltete Zentren und erzeugten erheblichen Sachschaden in der Innenstadt. Parallel besetzten Aktivist*innen kurzzeitig zwei neue Häuser. Am darauf folgenden Samstag wurde das ehemalige Sigmund-Freud-Institut besetzt.
IVI – Institut für vergleichende Irrelevanz
Der 15.02. war ein langer Freitag in Frankfurt. Um 9:00 Uhr morgens begann der Gerichtsprozess, bei dem über die Rechtsform des besetzten Institut für vergleichende Irrelevanz (IVI) entschieden werden sollte. Das Immobilien-Unternehmen Franconofurt kaufte das IVI Anfang 2012 von der Uni Frankfurt. Seitdem machte Franconofurt bei jeder Gelegenheit das eigene Rechtsverständnis deutlich (1, 2, 3) Juristisch ist die Situation alles andere als klar. Da dem IVI keine natürliche oder juristische Person zugeordnet werden kann, ist unklar, gegen wen sich eine mögliche Räumung richten könnte. Daher versuchte Franconofurt zuletzt, das IVI als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zu begreifen. Diese juristisch mehr als fragwürdige Konstruktion wurde nun vom Frankfurter Landgericht in erster Instanz bestätigt. Damit wurde der Weg für eine Räumung geebnet.
Vor dem Landgericht versammelten sich etwa 200 Menschen und brachten ihre Solidarität mit dem IVI zum Ausdruck. Zum Prozess wurden nur etwa 30 Beobachter*innen zugelassen, was einem De-facto-Ausschluss der Öffentlichkeit aus einem öffentlichen Gerichtsverfahren gleichkommt.
Direkt im Anschluss an das fragwürdige Urteil beschloss das IVI-Plenum, die Arbeit im Haus selbstverständlich fortzuführen. Der Uni-AStA sowie der Arbeitskreis kritischer Jurist_innen äußerten in Pressemitteilungen Erschütterung und Unverständnis und zweifelten das Gerichtsurteil an.
entschlossene Soli-Demo am 14.02. für selbstverwaltete Zentren
Abends fand eine spontane Solidaritäts-Demonstration statt. Mindestens 400 Menschen liefen vom Uni-Campus Bockenheim zum IG-Farben-Campus und machten unterwegs deutlich klar, was sie von der Räumungsdrohung halten. Vom IG-Farben Campus ging es weiter in die Innenstadt. Die Stimmung wurde zunehmend kämpferisch. Von der Hauptwache zurück zum Uni-Campus Bockenheim schließlich entluden sich Wut und Unverständnis über die drohende Räumung. In der Nobel-Einkaufs-Passage Goethestraße, die gesamte Bockenheimer Landstraße entlang und vereinzelt im Luxusviertel Westend wurden Banken, Bürogebäude, Sicherheitsfirmen angegriffen. Viele Scheiben gingen zu Bruch, Baustellengerät landete auf der Straße. Der entstandene Sachschaden dürfte hoch sein. Die anwesende Polizei wurde ebenfalls angegriffen und erfolgreich verjagt. Bevor verstärkende Einheiten eintreffen konnten, zerstreute sich die Demonstration.
Parallel zu der Demonstration besetzten solidarische Aktivist*innen im Westend zwei leerstehende Gebäude: den ehemaligen Biocampus sowie die bereits letztes Jahr kurzfristig besetzte Schumannstraße 2. Beide Besetzungen wurden im Verlauf des Freitagabend selbstgewählt beendet.
Doch damit nicht genug: bereits am darauf folgenden Samstag wurde das ehemalige Sigmund-Freud-Institut in der Myliusstraße 20 besetzt (1, 2) Die Besetzung besteht bisher weiter, ein Programm für die nächsten Tage findet sich auf aktion152.blogsport.de. Das Institut gibt sich bisher kooperativ und will über die weitere Nutzung des Gebäudes verhandeln.
Unter dem Strich waren die Ereignisse der letzten beiden Tagen eine sehr deutliche Antwort auf die konkrete Räumungsdrohung. Franconofurt, die Stadt Frankfurt und die Polizei haben einen ersten Vorgeschmack davon bekommen, was ihnen bei einer tatsächlichen Räumung des IVI bevorsteht. Studentische und linke Strukturen in Frankfurt haben glaubhaft bewiesen, dass sie im Zweifelsfall den politischen und wirtschaftlichen Preis einer Räumung massiv in die Höhe zu treiben. Bezeichnend, dass gerade die Ereignisse zum Ende der Demonstration bisher von Politik, Polizei und bürgerlicher Öffentlichkeit totgeschwiegen werden.
In diesem Sinne: IVI bleibt stabil und geht weiter.
auch Kids sind für’s IVI zu haben
PS: sorry für die Bilder, bisher sind keine anderen aufgetaucht
Source : https://linksunten.indymedia.org