Nach der Räumung des soziokulturellen Zentrums in der Oberen Austraße 7 (Mainz) im vergangenen Sommer drohen nun einigen vermeintlich am Projekt Beteiligten hohe Geldstrafen, Bewährungsauflagen und Gerichtsprozesse. Daher haben sich die Menschen vom Hausprojekt nun in einem offenen Brief an die Stadtwerke Mainz gewandt, auf deren Strafantrag wegen Hausfriedensbruch hin das Projekt geräumt wurde. Sie fordern die Stadtwerke auf, den Antrag zurückzuziehen und damit die Kriminalisierung allgemeinnützigen, gesellschaftlichen Engagements zu beenden. Ebenso bitten sie die Stadtratsabgeordneten in persönlich an sie gerichteten Schreiben, das Anliegen des Offenen Briefes zu unterstützen.
Hohe Geldstrafen und Bewährungsauflagen für Beschuldigte
Im vergangenen August wurde das soziokulturelle Hausprojekt in der Oberen Austraße 7 geräumt, nachdem die Geschäftsführung der Stadtwerke Mainz einen Strafantrag wegen Hausfriedensbruch gegen die vermeintlich am Hausprojekt beteiligten gestellt hatten. Viele von ihnen sind nun mit rechtlichen Folgen dieser Illegalisierung des Projekts konfrontiert:
Mehr als 20 erhielten Vorladungen als Beschuldigte in einem gegen sie laufenden Ermittlungsverfahren. Fünf Menschen wurden bereits mit Strafbefehlen belegt. In den ihnen zugestellten Schreiben werden sie zu Geldstrafen von mehreren hundert Euro verurteilt, Bewährungsauflagen sollen ihnen das Leben schwer machen. Den finanziell schlecht Gestellten unter ihnen droht im schlimmsten Fall sogar eine Freiheitsstrafe. Betroffen sind auch Menschen, denen bei der Räumung Straffreiheit zugesichert wurde, wenn sie den Ort freiwillig verließen. Allen Beschuldigten gilt die Solidarität von Squat:Mainz.
Stadtwerke können Kriminalsierung beenden – im eigenen Interesse
Ob es nun zu weiteren Strafbefehlen oder Prozessen gegen die Beschuldigten kommt, liegt nun allein bei den Stadtwerken Mainz. Ziehen sie ihren Strafantrag zurück, können die Verfahren gegen die Betroffenen eingestellt werden. Daher wenden sich die Menschen aus dem Hausprojekt nun in einem offenen Brief an die Stadtwerke. Sie fordern darin die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat des städtischen Unternehmens dazu auf, den Strafantrag zurückziehen. Diesen noch länger aufrecht zu halten, läge weder im Interesse der• Stadtwerke, da das Haus längst abgerissen ist, noch im Interesse der ehemaligen Nutzer_innen der Oberen Austraße 7, so die Verfasser_innen des Offene Briefs. Sie konfrontieren darin Stadtwerke unter anderem mit dem Vorwurf, auf ihrer Webseite mit sozialem Engagement zu werben, das Hausprojekt jedoch ohne erkennbare Motivation geräumt zu haben und stattdessen in Luxus- und Prestigeprojekte zu investieren.
“Soziale Projekte müssen unterstützt und gefördert werden – das haben auch die Verantwortlichen bei den Stadtwerke verstanden und werben damit für das Unternehmen. Aber auch gesellschaftlich ausgegrenzte Menschen müssen Zugang zu Kunst und Kultur haben, einen Freiraum, in dem sie angenommen werden. Das wollten wir mit dem Hausprojekt ermöglichen, aber die Stadtwerke haben das verhindert – im krassen Widerspruch zu ihren eigenen sozialen Ansprüchen.”, erklärt Mia Heisler vom Hausprojekt den Appell an die Stadtwerke. “Wir hoffen jetzt darauf, dass die Verantwortlichen endlich zur Besinnung kommen und einlenken.”
Stadtrat um Unterstützung gebeten
Um ihr Anliegen zu unterstreichen, werben die Menschen aus der Oberen Austraße auch im Stadtrat um Unterstützung. Dazu haben sie einen Hinweis auf den Offene Brief an alle Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat geschickt und bitten sie, das Anliegen des Briefes gegenüber den Stadtwerken zu unterstützen. Tim Hirschhorn aus der Oberen Austraße:
“Wir haben immer das Gespräch gesucht – mit dem Stadtrat und den Parteien, mit der Kulturdezernentin und dem Oberbürgermeister, mit den Stadtwerken. Auch jetzt ist es nicht zu spät, um gemeinsam die Kriminalisierung der Betroffenen zu verhindern.”
Offener Brief an die Stadtwerke auf squatmainz.org
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