Wagenplätze in Leipzig: Teils bedrohte, teils akzeptierte Wohnform

Ob gekauft oder besetzt, privat oder öffentlich die Wagenplätze, eine Art Wohnprojekt in Leipzig, ziehen viele Neugierige an. Obwohl die Siedlungen von der Stadt toleriert werden, fallen sie manchmal Räumungen zum Opfer. Ein Besuch bei Menschen, die sich entschieden haben, anders zu wohnen.

Konzerte, Aufführungen, solidarische Küche oder einfach nur Kaffeeklatsch und Bier: Fast jeden Abend gibt es auf dem Wagenplatz KarlHelga in der Klingenstraße in Plagwitz eine Aktivität. An diesem Donnerstag treffen sich die Bewohner:innen zum wöchentlichen Kinoabend. Um Viertel vor acht öffnen sich die Türen, um einige Freunde zu begrüßen, die zu diesem Treffen unter Nachbarn eingeladen wurden. Auf dem Programm stehen Vincent Gallos „Die Legende von Kaspar Hauser“ und „Dark Star“, ein Science-Fiction-Film von John Carpenter. „Die sind so underground, dass es noch nicht einmal einen Trailer gibt, glaube ich“, scherzt ein Gast. KarlHelga gibt es seit fast 15 Jahren. Heute leben fast 60 Erwachsene und Kinder in selbstgebauten Wagen dauerhaft auf der 3,5 Hektar großen Fläche. Dazu kommen die jungen Leute, die regelmäßig zu ihren Familien zurückkehren, und auch Gäste, die mehr oder weniger lange auf der Durchreise sind. Seit dem Eigentümerwechsel im Jahr 2020 befürchten die Bewohner:innen und Mieter:innen dieser Parzelle jedoch, dass sie bald ausziehen müssen. [weiter ..]

Leipzig: Gewalt ist Teil des Problems – und das Problem hat System

Am vergangenen Donnerstag ist es zunächst rund um die Eisenbahnstraße und die Tage darauf in Connewitz zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen. Die Ereignisse von Donnerstag stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Tag X+1-Demo infolge der Luwi71-Räumung. Die anschließenden Kämpfe in Connewitz verstehen wir auch als solidarische Reaktion auf eben jene und weitere Besetzungen. Daher möchten wir ein paar Zeilen zur Debatte um sogenannte politisch motivierte Gewalt in Leipzig beitragen.
Wir haben als direkte Aktion eineinhalb Wochen lang das Haus in der Ludwigstraße 71 friedlich besetzt. Innerhalb weniger Tage wurde die Luwi71 zu einem Treffpunkt in der Nachbar*innenschaft. Diskussionen um Wohnraum und selbstverwaltete Freiräume wurden über verschiedene politische Spektren hinweg wieder zum Gesprächsthema. Von Beginn an signalisierten wir Stadt und Eigentümer unsere Verhandlungsbereitschaft, wir haben Nutzungsmöglichkeiten erarbeitet und Gespräche angeboten. [weiter ..]

Leipzig: Wer Wind sät, wird Sturm ernten

Wir blicken zurück auf ein langes Wochenende voller entschlossener Kämpfe gegen die zunehmende Verdrängung, gegen die Aufwertung und die unerträgliche Bullenbelagerung in unseren Vierteln. Nachdem zwei besetzte Häuser innerhalb kürzester Zeit wieder geräumt worden waren, spitzte sich die Wut über die gesellschaftlichen Missstände in Leipzig ein weiteres Mal zu.

Nachdem am Mittwoch das besetze Haus Luwi71 geräumt wurde, war zu einer Tag X+1 Demo am darauf folgenden Donnerstag aufgerufen worden. Dieser schlossen sich mehrere hundert Menschen an und verliehen ihrer Wut über die Räumung des angehenden sozialen Zentrums nahe der Eisenbahnstraße Ausdruck. Es wurden Bullen angegriffen, Barrikaden errichtet und angezündet. Die Auseinandersetzungen erstreckten sich über einen Zeitraum von mehreren Stunden, in denen sogar ein Wiederbesetzungsversuch der Luwi71 gestartet wurde. Die Bullen versuchten immer wieder die Masse zu zersprengen, doch stattdessen bildeten sich viele kleinere Demonstrationen, die die Auseinandersetzung vorantrieben. Viele Zuschauende schlossen sich den immer wieder zersprengten und sich doch wieder findenden Massen an. Die Wut auf die Belagerung und Kriminalisierung der Eisenbahnstraße unter anderem durch die Waffenverbotszone war deutlich spürbar. Im Zuge der Auseinandersetzungen und nach einigen missglückten Vorstößen der Bullen begannen diese willkürlich mit Tränengas in die Menge zu schießen. Dass hierbei wie auch am darauf folgenden Abend nach Kriegswaffengesetz verbotene Munition zum Einsatz kam, die auch auf Journalist*innen abgefeuert wurde, überrascht angesichts der Zustände in der sächsischen Polizei wohl niemanden mehr. [weiter ..]

Leipzig: Pressemitteilung zur Demonstration „Kämpfe verbinden – Für eine solidarische NachbarInnenschaft!“

Am Abend des 05.09.2020 veranstalteten wir die Demonstration „Kämpfe verbinden – Für eine solidarische NachbarInnenschaft!“ mit dem Startpunkt Hildebrandpark in Connewitz.

In unseren Redebeiträgen thematisierten wir die Verdrängungsprozesse in Connewitz und Leipzig. Wir kritisierten die Neubauprojekte, da sie für viele Menschen hier nicht mehr bezahlbar sind und der Wohnraum immer knapper und teurer wird. In der Folge müssen viele Menschen die hier seit Jahren wohnen das Viertel verlassen. Soziale Netzwerke, über Jahre gewachsene Strukturen und Freundeskreise werden damit zerstört.

Wir erklärten uns mit den Hausbesetzungen der letzten Wochen in Leipzig in der Ludwigstraße 71 und der Bornaischen Straße 34 solidarisch und verlasen ein Grußwort der geräumten LuWi-Besetzer*innen. Ein Redebeitrag drückte unsere Solidarität mit der BlackLivesMatter Bewegung in den sogenannten Vereinigten Staaten aus. Wir schließen uns ausdrücklich der FreeThemAll Kampagne an, die die Freilassung aller Gefangenen der George Floyd Rebellion fordert. [weiter ..]

Leipzig: Luwi71 geräumt. Ein erstes Resümee

Die Luwi könnt ihr uns nehmen, unsere Träume nicht

Gestern am 02.09.2020 wurde die Luwi71 geräumt. Gegen sechs Uhr morgens begannen Bullen den Versuch ins Haus einzudringen. Dank stabiler Barrikaden war das mit dem Rammbock nicht möglich. Erst Motorsägen verschafften der Staatsgewalt Zutritt. Nach etwa drei Stunden vermeldete die Polizei das Ende des Einsatzes auf Twitter. Damit stand die Luwi wieder leer und Träume von nicht-kommerziellen Freiräumen sowie günstigem Wohnraum lagen wie die Eingangstür in Trümmern.
Dank solidarischer und wachsamer Anwohner*innen sowie einem eigenen Scout-System, welches Wannenbewegungen im Viertel beobachtete, konnten die Menschen im Haus allesamt rechtzeitig vor der Polizei fliehen. Trotzdem wurden vier Menschen in Hausnähe aufgegriffen und deren Identitäten festgestellt. Drei Personen wurden daraufhin vorläufig auf die Dimitroff-Wache verschleppt. Zwei Menschen aufgrund des Verdachts des Hausfriedensbruchs. Ihnen wird also vorgeworfen Besetzer*innen gewesen zu sein. Die dritte Person wegen eines offenen Haftbefehls, welcher auf ein nicht gezahltes Bußgeld wegen des falschen Anbringens einer Hundesteuermarke zurückzuführen ist. Nachdem das Geld bezahlt wurde, konnte die dritte Person gehen.
Die anderen beiden konnten gegen halb elf ebenfalls die Wache verlassen, aber laut eigener Aussage nicht, bevor ihnen DNA entnommen und ihnen die Ohren abgemessen wurden.
Es hat sich gezeigt, dass Profite und Kapital über den Bedürfnissen der Stadtbewohner*innen stehen. Das Privateigentum als höchster Wert dieses Systems hat mal wieder gewonnen. Der Staat schafft es wieder einmal nicht, Wohnraum für alle Menschen zur Verfügung zu stellen. Die Bedürfnisse der Menschen sind in diesem System Nebensache. [weiter ..]

Leipzig: Luwi71, die Verhandlungen sind geplatzt

Heute haben die Besetzer*innen mit dem Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung gesprochen. Der Chef, Hr. Dr.-Ing. Frank Amey, hat direkten Kontakt zum*r Eigentümer*in und teilte mit, dass diese*r die angesetzten Verhandlungen abgesagt hat. Spekulationen des Amtes gehen dahin, dass der*die Eigentümer*in das Haus abreißen und neu bauen wollte. Dies ist aufgrund des Bestandschutzgesetzes nicht
möglich. Nun verschieben sich die Kapitalinteressen des*der Eigentümer*in Richtung kaufen oder mieten durch die besetzenden Personen.
Kaya, Peressesprecher*in von Leipzig Besetzen, erklärte dazu: „Wir sind wütend darüber, dass keine Gespräche auf Augenhöhe möglich sind. Es fällt uns daher schwer, das bestehende Gesprächsangebot mit dem*der Eigentümer*in über das Amt ernst zu nehmen.“
Sasha ergänzt: „Sollte der*die Eigentümer*in sich dennoch entscheiden nach Leipzig zu kommen, weiß er*sie ja, wo wir sind und wo wir bleiben.“ Im Gespräch ergab sich, dass die Ordnungsbehörden eine Bedrohungslage konstruieren könnten. Diese ergäbe sich aus eventuell mangelhafter Bausubstanz und daraus resultierenden gesundheitlichen Schäden. [weiter ..]

Leipzig: Besetzung Ludwigstraße 71

Pressemitteilung 22.08.2020 Besetzung Ludwigstraße 71

Die Besetzung der Ludwigstraße 71 hat die erste Nacht überstanden. Weiterhin halten sich in dem Wohnhaus Aktivist*innen auf. Laut LVZ soll der Eigentümer oder die Eigentümerin am Mittwoch nach Leipzig kommen und bereit sein mit den Aktivist*innen in ein Gespräch zu treten. Bis dahin stehe das Haus unter polizeilicher Beobachtung.

„Wir würden uns freuen, wenn der Eigentümer oder die Eigentümerin auch den direkten Kontakt zu uns aufnehmen würde“, meint Kaya von Leipzig Besetzen. Seit Beginn der Besetzung betonte die Gruppe die Bereitschaft Verhandlungen auf Augenhöhe zu führen und legte ein Nutzungskonzept vor.

„Von der Polizei erwarten wir Zurückhaltung“, pflichtet Sasha, ebenfalls von Leipzig Besetzen, bei. Am Vortag war es in den Nachbarstraßen zu einem erhöhten Polizeiaufgebot gekommen. Zwischenzeitlich versuchten sich Polizist*innen von der Mariannenstraße aus Zugang zum Gebäude zu verschaffen. Dafür hielten die Beamt*innen unter anderem Haustüren angrenzender Wohnobjekte auf, wenn Anwohnende diese verließen. Zusätzlich kam es zu Bedrängungen von
Passant*innen durch Polizist*innen. [weiter ..]

Leipzig: Statement zur Scheinbesetzung

Bei den Besetzungen vom 01.05. in der Ludwigstraße & in Großzschocher handelte es sich um Scheinbesetzungen. Aufgrund der Corona-Krise waren polizeiliche Repressionen und Verbote größerer Solidaritätsdemonstrationen zu erwarten. Deshalb haben sich die Aktivist*innen entschlossen diese symbolische Aktionsform zu wählen, um auf den Start ihrer Kampagne aufmerksam zu machen und entsprechende Kräfte und Energien freizusetzen. Klar ist: Bei symbolischen Aktionsformen wird es nicht bleiben, Ziel der Kampagne ist die tatsächliche Schaffung selbstverwalteter, nicht-kommerzieller Räume durch Besetzung.

Eine Besetzung ist notwendig, weil die Menschen soweit aus der städtischen Mitbestimmung ausgeschlossen sind, dass ihre Bedürfnisse in der Stadtpolitik kein Gehör finden. Genauso radikal wie sich die Immobilienwirtschaft die Stadt unter den Nagel reißt, werden sich die Menschen ihr Leben in der Stadt zurück erobern. Bei jeder Besetzung steht es den Entscheidungsträger*innen der Stadt und Polizei offen den Interessen der Menschen Rechnung zu tragen oder direkt zu räumen und sich damit zum ausführenden Organ einer Städtepolitik der Verdrängung zu machen. [weiter ..]

[Leipzig] Polizeirevier Südwest angegriffen!

In der Nacht zum Montag haben wir das Bullenrevier Südwest in der Weißenfelser Straße angegriffen. Beamte waren zu dem Zeitpunkt nicht im Gebäude. Wir haben an dem Gebäude die Fenster aus Sicherheitsglas, ein Polizeischild und die Gegensprechanlage mit Hämmern beschädigt und es mit einer “schwarzen Substanz” besprüht. [weiter ..]

[Leipzig] Social Center for all in der Platostraße besetzt ++ Jetzt Druck machen

Heute Nachmittag wurde in der alten Führerscheinbehörde (Platostr / Pragerstr.) ein Social Center in Leipzig besetzt.

Binnen kurzer Zeit ist die Polizei mit mehreren Hundertschaften sowie dem Polizeipräsidenten Merbitz vor Ort gewesen. Das aggressive Auftreten der Beamten, die in voller Montur mit Kameras und Tränengas ausgestattet waren, ließ eine gewaltvolle Räumung vermuten. Mit Ordnungsbürgermeißer Rosenthal konnte jedoch eine Duldung bis Montag ausgehandelt werden.
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