Zürich: Mediencommuniqué zur drohenden Räumung der Brandschenkestrasse 60-64

Am 19.10.11 wurde das Gebäude an der Brandschenkestrasse 60-64 (ehem. Landolt-Weinhandlung) durch rund 50 Personen besetzt.
In der Zwischenzeit hat sich der Ort zu einem stadtbekannten und lebendigen Zentrum der Subkultur entwickelt – dies in einer Zeit, wo der öffentliche Raum immer mehr reglementiert und eingeschränkt wird, wo Freiräume zunehmend verschwinden und wo um jede Möglichkeit, non-kommerzielle Veranstaltungen nach unseren Vorstellungen zu organisieren, gekämpft werden muss.
Das Gebäude an der Brandschenkestrasse bietet nicht nur Wohnraum, sondern auch die dringend benötigten Freiräume für Ateliers, Proberäume für Bands und Tanzgruppen (aktuell Breakdance und Tango), Siebdruck-, Auto- und Velowerkstätten, ein Fotolabor, ein Kino, ein Skatepark sowie Sporträume, ausserdem ist viel Platz zur Umsetzung von Theaterprojekten vorhanden – all diese Projekte würden sonst an finanziellen Problemen scheitern.
Für eine Grossstadt wie Zürich, die sich immer wieder und gerne ihrer lebendigen Subkultur rühmt, sollte folglich das Haus an der Brandschenkestrasse 60-64 am Herzen liegen.
Nun wurde uns, dem UWAGA-Kollektiv, am 23.1.12 mitgeteilt, dass das Haus bereits ab dem 8.2. 12 abgerissen werden soll, obwohl das neue Projekt, eine Überbauung mit rund 60 Wohnungen, noch in den Kinderschuhen steckt. Laut der Eigentümerin, der Agruna AG, muss das Haus bereits zu diesem frühen Zeitpunkt abgerissen werden, da für die Projektierung der Überbauung Sondierungsbohrungen durchgeführt werden müssen. Das Beispiel Binz hat in der Vergangenheit aber gezeigt, dass Bohrungen auch in belebten Häusern möglich sind. Die Agruna AG ist jedoch auf jegliches Entgegenkommen unsererseits, d.h. unsere Bereitschaft, den Zugang zum Haus jederzeit zu gewähren und die Arbeiten nicht zu behindern, nicht eingegangen.
Die Eigentümerin war schon seit Beginn der Besetzung tunlichst darum bemüht, dem UWAGA-Kollektiv den Verbleib in dem Gebäude zu erschweren; so wurden am ersten Tag nach der Besetzung, am 20.10.11, rund zehn Arbeiter beauftragt, sich gewaltsam Zugang zum Gebäude zu verschaffen und die sanitären Anlagen zu zerstören.
Wir protestieren gegen diese sinnlose Zerstörung von Wohnraum und den drohenden Abriss auf Vorrat, der den rund 80 Personen, die das Haus an der Brandschenkestrasse mittlerweile nutzen, die Grundlage für ihre Projekte entziehen würde.
Ganz zu schweigen von den Hunderten von Menschen, die das Haus als Ort kennen- und schätzen gelernt haben, wo non-kommerzielle Parties gefeiert werden können. Die grosse Beliebtheit dieser Art von Parties zeigt, dass in der Stadt Zürich wohl ein grosses Bedürfnis besteht, fernab der durchkommerzialisierten und ewig gleichen Clubkultur zu feiern.
Das Zürcher Hochbaudepartement, als dessen Präsident der Zürcher SP-Stadtrat André Odermatt fungiert, hat den Abriss auf Vorrat bewilligt – die rot-grün regierte Stadt Zürich hat sich mit der Abrissbewilligung ein weiteres Mal gegen kreative und selbstverwaltete Freiräume und für eine genormte und einheitliche Städteplanung entschieden, die jeglicher Kreativität und Lebendigkeit spottet. Wir sind nicht bereit, diesen Einheitsbrei zu akzeptieren und werden die Stadt Zürich weiterhin aktiv mitgestalten, und sei es, dass wir uns unsere Freiräume selbst nehmen müssen.
UWAGA BLEIBT!!