Hamburg: 17.12.2011 » access all areas « Aktionstag gegen kapitalistische Stadtentwicklung und Gentrifizierung

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Städte sind weltweit Schauplatz ökonomischer Zwänge und repressiver  Politik. Gleichzeitig sind sie umkämpfte Orte, die bestimmt sind von  Auseinandersetzungen um Selbstbestimmung und Teilhabe. Wir erleben  derzeit an vielen Orten Krisen, soziale Proteste und neue Bewegungen.  Um diese Konfliktlinien auf dem Terrain der Stadt zu vervielfältigen,  findet am Samstag, den 17. Dezember 2011 ein Aktionstag gegen  kapitalistische Stadtentwicklung und Gentrifizierung statt. Dieser  soll ein regionales und internationales Ereignis schaffen, das überall  dort seinen Ort hat, wo ihr kämpft und lebt und euch solidarisch auf  besetzte Projekte wie die Rote Flora bezieht.

Rote Flora verteidigen!

Als besetztes, autonomes Zentrum ist die Rote Flora in Hamburg seit  über 20 Jahren Ausgangspunkt politischer Interventionen, Treffpunkt  politischer Gruppen sowie unkommerzieller Ort für Partys,  Veranstaltungen und Selbsthilfe. Derzeit ist sie erneut von Verkauf  und Räumung bedroht, nachdem der formalrechtliche Eigentümer  angekündigt hat, die Immobilie gewinnbringend veräußern zu wollen. In  Anbetracht eines möglichen Räumungsszenarios wollen wir bereits im  Vorfeld Widerstand auf allen Ebenen entwickeln.

Bei der Verteidigung der Flora setzen wir nicht auf Verhandlungen,  Verträge oder sogenannte Beteiligungsverfahren. Im Zentrum der  gegenwärtigen und kommenden Auseinandersetzungen steht die  Unverträglichkeit des Projekts: Es geht um die Stärkung der Flora als  politischer Störfaktor, der sich offensiv in aktuelle  gesellschaftliche Konflikte einmischt und den Normalbetrieb  kapitalistischer Stadtentwicklung durchkreuzt.

In den letzten Monaten gab es Solidaritätsveranstaltungen, Aktionen  und eine überregionale Demonstration mit über 5000 Menschen. Unter dem  Motto “Stadt selbst machen” wurde dort der Kampf um die Flora mit dem  Kampf um Recht auf Stadt verbunden. Im Mittelpunkt stand die  Verbindung lokaler Konflikte in der Perspektive einer  Vergesellschaftung von Stadt. Ein solidarischer Begriff von  Gesellschaft, der das Lokale und das Globale zusammendenkt und der  Logik von Staat und Privateigentum eine selbstbestimmte Praxis  entgegensetzt.

In ihrem Begehren nach Unverträglichkeit und Aneignung ist die Rote  Flora Teil vielfältiger Bewegungen, die sich überall entwickeln, wo  Menschen sich kritisch gegen die scheinbare Unausweichlichkeit  kapitalistischer Sachzwänge organisieren.

Für die Aneignung des Lebens und der städtischen Räume

Besetzte Räume sind für uns Schwarze Löcher in der Eigentumsordnung:  Sie gehören niemandem außer denen, die sie aktiv nutzen. Zugleich  wissen wir um unsere Eingebundenheit in gesellschaftliche Macht- und  Ungleichheitsverhältnisse; auch wir sind Teil einer beständigen  Produktion von Waren, Werten und Konsumbedürfnissen. Doch eben dieser  Ausgangspunkt, mitten in den Verhältnissen, ermöglicht es, diese von  innen heraus zu sabotieren, um Mitmachzwang und Unterdrückung mit  kollektiven Prozessen der Subversion und Aneignung zu begegnen.
Die Städte, die Häuser, die Dinge und Ideen werden im Kapitalismus zu  Waren gemacht. Für uns sind sie Teil eines Gemeinsamen, welches durch  uns alle geschaffen worden ist und folglich auch allen zusteht. Das  Ziel emanzipatorischer Aneignung ist nicht individuelle Bereicherung,  sondern Enteignung zur kollektiven Umverteilung, und damit die  Aneignung eines Lebens jenseits von Normen, Zwängen und dem Elend der  Lohnarbeit. Diese Auseinandersetzungen finden in den Metropolen ebenso  wie in der Peripherie und ländlichen Räumen statt.

Ein Tag der Theorie und Praxis sozialer Kämpfe

Der Aktionstag soll Ausdruck, Kristallisationspunkt und Vernetzung  dieser lokalen und doch grenzüberschreitenden Kämpfe sein. Wir wollen  die überall stattfindenden Auseinandersetzungen aufeinander beziehen  und als allgemeinen politischen Konflikt im Gefüge der  kapitalistischen Gesellschaft sichtbar machen, ohne sie zu  vereinheitlichen. Umgekehrt gewinnen durch diese Bezugnahme auch die  jeweils lokalen Kämpfe an Stärke und politischem Gewicht, verschieben  die Kräfteverhältnisse. So ist es für uns ein konkretes Ziel des  Aktionstages, uns selbst, aber auch möglichen Investor_innen und den  politisch Verantwortlichen einen Eindruck des überregionalen und  internationalen Widerstands zu vermitteln, mit dem z.B. im Falle eines  Angriffs auf die Rote Flora zu rechnen ist.

Wir fordern alle auf, zum Aktionstag am 17. Dezember 2011 allerorts  vielfältig aktiv zu werden, lokale Konflikte aufzugreifen und eure  Kämpfe vor Ort mit dem Kampf um das politische Projekt Flora zu  verbinden!

Mögliche Anknüpfungspunkte sind für uns unter anderem: Die Aneignung  und Verteidigung selbstbestimmter Projekte und die Vergesellschaftung  umkämpfter Räume. Der Protest gegen Gentrifizierung und neoliberale  Privatisierung, gegen Repression und die Vertreibung unerwünschter  Bevölkerungsgruppen, gegen rassistische Polizeikontrollen und  Abschiebungen. Der Aktionstag bietet Raum für vielfältige  Interventionsformen: Schöpft aus dem Repertoire sozialer und  politischer Bewegungen oder lasst euch etwas ganz Neues einfallen.  Macht euch selbst zum Ausgangspunkt, seid künstlerisch und direkt,  nachdenklich und zornig, heimlich und laut, unberechenbar und  entschlossen!

Gentrifizierung sabotieren, besetzte Projekte vervielfältigen!
Für die Enteignung des Privaten und die Aneignung des Öffentlichen!
Faschismus, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie und Sexismus bekämpfen!

Kampagne “Flora bleibt unverträglich”

Infos: http://florableibt.blogsport.de
Für Vernetzung, Fragen und Anregungen: flora-bleibt [at] nadir [dot] org