Deutschland: Aachen besetzt wieder!

Wir haben heute während des internationalen Klimastreiks die Bastei besetzt.

Wer schon etwas länger in Aachen wohnt kennt die Bastei sicherlich. Zwischen 1930 und 1990 beherbergte sie Nachtlokale verschiedenster Ausprägung. Seit 1994 gab hier das Theater K seine Aufführungen zum Besten. 2014 zog das Theater wegen Renovierungsbedarf aus, seitdem steht das Gebäude leer. Laut der Aachener Lokalpresse gehörte die Bastei zum damaligen Zeitpunkt dem Aachener Investor und Architekten Hans Kahlen, der ankündigte das Gebäude baldmöglichst sanieren zu wollen. Bei seinem letzten öffentlichen Auftritt 2013 drohten ihm nach einem Gerichtsverfahren bis zu vier Jahre Haft wegen Steuerhinterziehung, Betrug und Insolvenzverschleppung rund um eine Großbaustelle in Düsseldorf. Außerdem ist Kahlen Ideengeber und Erstinvestor für das umstrittenene Einkaufszentrum Aquis Plaza am Kaiserplatz.

Für die Plaza mussten circa 29.000 qm Wohraum in der Innenstadt und der ansässige Einzelhandel weichen. Kurz nachdem mit den Aachen Arkaden das erste Millionenschwere Prestige-Projekt der Stadt Aachen floppte (stehen doch hier inzwischen über 70% der Geschäftsflächen leer), wurde ein weiterer Glas und Stahl-Tempel in der Innenstadt aus dem Boden gestampft. Die Effekte sind enorm. Kleine Geschäfte die vorher in der Adalbertstraße angesiedelt waren mussten schließen oder wurden vertrieben. Die verbliebenen Geschäfts- und Wohnräume stehen seit dem Bau komplett leer und dienen einem anderen Aachener Immobilieninvestor, Gerd Sauren und seiner Aachener Immobiliengesellschaft, als Spekulationsobjekte.

Die Aachener Wohnungsbaupolitik unterscheidet sich nicht im geringsten vom
bundesdeutschen Trend. Kommunaler und sozialer Wohnungsbau wurde nach und nach an die Privatwirtschaft verscherbelt, welche sich mit horrenden Mieterhöhungen eine goldene Nase verdient. Und wenn neu gebaut wird, dann entweder teure Eigentumswohnungen oder Unsinnsprojekte wie die Plaza. Grünflachen, Luftschneisen, Fahrradwege, erschwinglicher
Wohnraum in Stadtnähe und soziokulturelle Angebote müssen dem städtischen Bebauungsplan weichen. Der Unterschied zwischen Joghurt und unserer Stadt? Joghurts haben eine aktive und lebendige Kultur.

Kämpfe verbinden!

Während die ökologische Grundlage unseres Lebens immer schneller zerstört wird, ist Wohnraum reichlich vorhanden. Er ist nur falsch verteilt. Wohnraum, Essen und wichtige Gebrauchsgüter gibt es im Überfluss in Deutschland. Nur 1.6% der Deutschen arbeiten in der Landwirtschaft und könnten damit nicht nur problemlos alle Deutschen ernähren, sondern darüber hinaus noch einiges exportieren. 1% der Deutschen arbeiten in der Bauindustrie und bauen viel mehr Häuser als benötigt werden oder ökologisch sinnvoll wären. Jedes neu errichtete Gebäude verbraucht nicht nur eine große Menge an fossilen
Baustoffen und Energie. Es zerstört auch unwiederbringlich das Ökosystem, und mit ihm die natürlichen Flächen, die zu Bauland umgewidmet werden. Oder bei bereits bebauter Fläche, das Haus, dass abgerissen wird und die darin verwendeten fossilen Baustoffe. Darüber hinaus ist erschwinglicher Wohnraum oft nur weit entfernt von Innenstädten/Arbeitsplätzen vorhanden, was zur Steigerung des Pendelverkehrs führt.

Wie viel Menschen arbeiten müssen, um sich ihr Leben leisten zu können hängt zum Teil davon ab wie viel Miete (oder Kreditzinsen) sie für ihren Wohnraum zu zahlen haben. Umso höher die Miete ist, umso stärker ist der Wachstumszwang. Da unsere Wirtschaft sich an ebenjenem Wachstum und nicht an den Bedürfnissen der Menschen orientiert, ist es nicht verwunderlich, dass für dieses Wachstum der Planet unwiederbringlich ausgebeutet wird.
Dieser Prozess funktioniert nur wegen Millionen arbeitenden Menschen, die auf ihren Lohnangewiesen sind, um im Kapitlismus ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Dieser Arbeitszwang wird durch staatliche Gewalt aufrechterhalten. Es ist die Polizei, das Militär, der Grenzschutz und der ganze staatliche Apparat, die uns daran hindern, an dem Überfluss, der produziert wird teil zu haben. Diese Institutionen stellen sicher, dass der erwirtschaftete
Reichtum zu einer kleinen Gruppe von Kapitalisten fließt und Menschen zwingt für sie zu arbeiten. Wenn du hungrig bist, dich im Laden bedienst und erwischt wirst, wird dir die Polizei Gewalt zufügen (Ja auch Einsperren ist Gewalt). Eigentumsrechte werden durch permanente Gewalt aufrechterhalten, dienen nur denen, die viel Eigentum haben und erzeugen den Arbeitszwang, welcher wiederum die ökologische Zerstörung vorantreibt.
Natürlich gibt es gewisse Sozialleistungen (zum Beispiel Hartz IV). Jedoch sind diese Leistungen an Auflagen geknüpft und sanktionierbar, mit dem Ziel, dass möglichst viel gearbeitet wird. Der Staat wendet also permanent Gewalt gegen die Bevölkerung an, mit der Konsequenz, dass unser aller Überleben in Gefahr gebracht wird.

Warum besetzen?

Wir haben uns Raum genommen, den so viele Menschen brauchen. Diese Besetzung ist eine Form der direkten Aktion. Das heißt wir erhoffen uns nichts von der Politik, sondern nehmen die Dinge selbst in die Hand. Andere Formen der direkten Aktion können sein: die Blockade eines Kreuzfahrtschiffs, die Umwandlung eines Parkplatzes in einen Gemeinschaftsgarten oder die Verteidigung eines Waldes gegen Rodung usw. Das Ziel der direkten Aktion ist es, durch den Bruch des Gesetzes das alte System unmöglich zu machen und gleichzeitig Freiräume zu schaffen, in denen Experimente für ein ökologisches und soziales Leben Platz haben.

Gerechte Klimapolitik kann nicht unabhängig von sozialen Kämpfen und Wirtschaftsweisen funktionieren. Da die Logiken von Privateigentum, ständigem Wachstum, Konkurrenz und Herrschaft die heutige Klimakrise verursacht haben, kann diese nicht innerhalb des bestehenden Systems bekämpft werden. Deshalb fordern wir Energiekonzerne, Automibilindustrie und Immobilienhaie zu einteignen!

Nehmen wir unsere Zukunft selbst in die Hand!

An dieser Stelle wollen wir noch alle widerständigen, von Repression oder Räumung bedrohten Projekte grüßen… Wir bleiben muffig!


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https://aachenbesetzen.noblogs.org/post/2019/06/21/besetzt-for-future/