Berlin: Wir haben die Räumungen nicht verhindert

Im Vorwort des Autonomen Blättchens #42 wird, bezugnehmend auf die Syndikat Räumung, nach Ideen und dem Diskussionsstand aus Berlin gefragt. Ideen gibt es viele, Konzepte eher wenige. Also fängt diese Antwort, die nur eine Sammlung von Positionen weniger Beteiligter ist, zunächst mit einer Analyse an.

Ein Problem der letzten Räumungen (Friedel54, Syndikat, Liebig34) und der angekündigten weiteren Angriffe auf Projekte, ist die Mentalität der im Grundbuch eingetragenen Besitzer dieser Grundstücke. Die Verschleierung von Eigentumsverhältnissen sind eine Konsequenz aus dem teilweise erfolgreichen Kampf gegen Suitbert Beulker, ehemaliger „Besitzer“ der Rigaer94 und Liebig14, sowie weiteren illegalen Geschäftspraktiken in der Immobilienbranche. Inzwischen sind das Leute, die kaum greifbar sind, die sich hinter Briefkastenfirmen verstecken oder schon seit Jahren unter Polizeischutz stehen (Padovicz) und denen ihr Ansehen in dieser Stadt vollkommen egal ist. Imagekampagnen gegen Firmen wie die „Pinehill S.à.r.l.“ mit Sitz in Luxemburg als Räumungskläger gegen die Friedel54, sind daher so aussichtslos wie andere Versuche geschäftsschädigend auf diese Personen einzuwirken. Zudem ist wenig über die Motive der Menschen bekannt, die hinter jahrelangen Rechtsstreits stehen, nur um ein weiteres Haus umgestalten zu können. Ob das nur materielle Gründe sind? Braucht jemand wie Padovicz zu seinen 200 Häusern unbedingt noch die Liebig34, obwohl der Berliner Immobilienmarkt ausreichend Wege einfacherer Kapitalvermehrung hergibt? Bereits jetzt boomen in Wedding die Luxusobjekte für die zuziehenden Mittel- und Oberschichten, in wenigen Jahren wird auch das abgelegene Schöneweide und vergleichbare Gegenden gentrifiziert, warum muss vorher so ein Flecken wie der Köpi Wagenplatz dran glauben? [weiter ..]

Berlin: Die Stadt der Reichen angreifen. Projekte verteidigen

Die Gentrifizierung in Berlin geht unaufhörlich weiter, damit auch die Verdrängung. Neben Menschen sind auch Räume betroffen: Räume der links-radikalen Bewegung, Freiräume, Schutzräume für von Diskriminierung betroffene Menschen, unkommerzielle Orte, Orte der Subkultur, der politischen Vernetzung und Orte, an denen versucht wird, konkrete Utopien zu leben.

Bedroht sind einige – gemeint sind wir alle
In den letzten Jahren sind bereits Räume wie das Hausprojekt Liebig14, das Jugendzentrum Drugstore, der Kiezladen Friedel54, die Wagenplätze DieselA & Sabot Garden, die O-Platz Besetzung und die später besetzte Schule in der Ohlauer Straße verschwunden.

Doch es hört nicht auf, denn viele andere Räume sind aktuell bedroht. Das Jugendzentrum Potse, das Hausprojekt Liebig34 und die Kneipenkollektive Syndikat & Meuterei erwarten noch in diesem Jahr einen Räumungstermin. Weitere Räume wie das Hausprojekt Rigaer94, das Hausprojekt Köpi137, die Hausgemeinschaft Lause10/11 oder der Gemeinschaftsgarten Prachttomate drohen ähnliche Situation in der nahen Zukunft.

Ohne Räume – keine Bewegung
Damit werden Räume verdrängt, welche ein anderes Berlin leben und dafür kämpfen: ein Berlin in dem wir unsere Nachbar*innen kennen, in dem wir unsere Häuser zusammen gestalten und gemeinsam bestimmen wie öffentlicher Raum genutzt wird. Ein Berlin wo Raum für selbstgewählte Wohn- und Lebenskonzepte da ist. Ein Berlin in dem wir Alternativen zu Ausbeutung und Unterdrückung die in Lohnarbeit, Hausarbeit, Sorgearbeit, im Bildungssystem und anhand von Miet- und Eigentumsverhältnissen stattfindet, ausprobieren können. [weiter ..]